Mark ist Manager von Cadenhead’s, Schottlands ältestem
unabhängigen Abfüller. Das atmosphärische Geschäft auf der Royal Mile in
Edinburgh wird von whisky-legasthenischen Touristen und Connaisseuren
gleichermaßen aufgesucht. Mark veranstaltet unter dem Namen Jolly Tooper außerdem
regelmäßige Whisky Tastings.
Man findet relativ
wenige Informationen zum historischen Aspekt von Cadenhead’s. Was weisst du als
Manager über den Beginn der Firma?
Ich bin gestern erst
von einem Betriebsausflug von Sprinkbank, unserer Mutterfirma zurückgekommen,
wo wir eine Menge gelernt haben. Cadenhead’s ist eine ziemlich alte
Institution, 1842 in Aberdeen gegründet. Die Information, die von Generation zu
Generation weitergeben wurde, ist etwas dünn, chinesisches Geflüster. Aber wir
sind definitiv Schottlands ältester unabhängiger Abfüller. Mr. Cadenheads und
Mr. Duffy gründeten wie die Chivas Brothers ihre Rum-und Whiskyhandelsfirma in
Aberdeen, wo durch den Hafen, die Fischerei, die stationierten Soldaten eine
große Population ansessig war und außerdem viel Handel mit Sherry, Rum, Wein
und Whisky getrieben wurde. Whiskyfässer wurden zudem oft als Ballast für die
Schiffe genommen, die Sklaven oder exotische Güter abholen sollten. Ausserdem
soll das Geschaukel auf dem Schiff, wenn also der Whisky in den Fässern hin und
herrollte, zur Reifung und einem speziellen Charakter beigetragen haben. Bis in
die 60er Jahre, als der letzte Cadenhead noch lebte, handelte die Firma mit
Spirituosen. Jeglicher Profit ging an eine gemeinnützige Organisation bis das
Geschäft, der Name, die Flaschen und das Lager 1972 an Springbank verkauft
wurde.
Was für eine Rollen
spielten unabhängige Abfüller zu dieser Zeit?
In der Nachkriegszeit
in den 50/60er Jahren nahm der Whiskykonsum und die Produktion stetig zu. Die
Wirtschaft erholte sich und es etablierte sich der Luxus, schottischen Whisky
zu trinken, der mit einem exotischen traditionellen Image daherkam. Man konnte
förmlich den Reichtum sehen, wenn jemand Champagner, Cognac oder Whisky trank.
Aber das war in fast allen Fällen Blended Whisky, der in riesigen Mengen
relativ preiswert mit konituierlicher Qualität hergestellt und mit einer
starken Identität versehen vermarktet werden konnte. Trotzdessen füllten Firmen
wie Cadenhead’s, Gordon & MacPhail, Robert Watson in Aberdeen and Peter
Thomson in Perth Single Malt für einen kleinen Nischenmarkt ab. Die Italiener
zum Beispiel begannen Glen Grant zu trinken. Single Malts waren ein völlig
neues Konzept, ein Produkt unbestimmt im Charakter und limitiert für einen
kleinen Markt. Dies führte zu der Entwicklung, das wir heute Single Malts in
Supermärkten und am Flughafen kaufen können. Der Markt blüht. Das Spektrum an
verschiedenen Whiskies selbst aus der gleichen Brennerei ist verlockend groß.
Wie leicht oder
schwer ist es , ein unabhängiger Abfüller zu werden?
Unabhängige Abfüller
schießen die ganze Zeit aus dem Boden. Das Problem ist, den Whisky zu finden.
Es ist nicht schwer die Kunden zu bekommen. Es gibt heuzutage mehr Kunden, mehr
Abfüller und mehr Abfüllungen als jemals zuvor. Aber die Blendproduktion wird jährlich
immer mehr vergrößert. Immer mehr Brennereien expandieren, Glenlivet, Macallan.
Viele Whiskies werden ohne Altersangaben verkauft, und sind wahrscheinlich
wesentlich jünger als 10 Jahre. Das hilft der Industrie, denn die Vorräte der 12
und 10 jährigen Whiskies neigen sich langsam dem Ende entgegen. Natürlich wird
viel destilliert, aber wir produzieren jetzt Whisky, der in 10 Jahren getrunken
wird. Aber so wie sich alles im Moment entwickelt, werden wir vielleicht nicht
genug Whisky für die nächsten 3 Jahre haben.
Es ist also schwer,
für unabhängige Abfüller Fässer von den Brennereien zu bekommen?
Diese Informationen
sind kommerziell sensible Informationen. Niemand will natürlich zugeben, dass
die Vorräte ausgehen und dass es schwierig ist, an Fässer heranranzukommen.
Sonst würden die Fasspreise explodieren, (lacht), das tun sie ohnehin. Aber mit
Kontakten ist es sicher nicht unmöglich. Man müßte, wöllte man als unabhängiger
Abfüller ein profitalbes Geschäft machen, entweder in einer bestimmten
Größenordnung oder mit hoher Gewinnmarge operieren. Manchmal tauchen
unabhängige Abfüller auf, die unglaublich günstige Preise anbieten, aber in
einer kleinen Größenordnung sind diese Preise nicht haltbar. Auch der Markt ist
manchmal schwer berechenbar. Cardhu zum Bespiel wurde plötzlich in Spanien
unheimlich populär. Niemand konnte diesen Verkaufsboom vorhersagen und einige
der Cardhu-Lagerhäuser haben sicher mittlerweile viel leeren Platz. Ähnliches
gilt für Macallan, besonders deren Sherry-Fässer. Macallan steht vor dem selben
Problem: Unvorhergesehene Verkäufe und unverhergesehene Märkte führen zu einer
schnelleren Expansion, so dass man mit der Whiskylieferung kaum noch
hinterherkommt.
Gibt es eine Zukunft
für kleine Boutique-Brennereien?
Das muss so sein, es
gibt neue kleine Unternehmungen in Wick, in Ardnamurchan, auf Lewis und Barra,
Annadale, Kingsbarnes, Fife. Einige werden erfolgreich sein, andere wohl eher
nicht. Daftmill hat unter den neuen Brennereien eine besondere Stellung. Dort
wächst die Gerste, die Gebäude waren vorhanden. Alles, was Francis (der
Eigentümer) brauchte, war das Equipment und die Fässer. Die Destillerie
produziert seit 6 Jahren und Francis hat noch keinen einzigen Tropfen verkauft.
Das ist natürlich nicht die Norm. Niemand kann es sich leisten, für mehrere
Hunderttausend Pfund eine Brennerei zu bauen und keine Einkünfte zu erhalten. Deshalb
baut man Besuchszentren mit Cafe, druckt T-Shirts, verkauft New-Make Spirit und
konzentriert sich auf die Touristen wie Kilchoman oder Arran Distillery bis der
Whisky endlich die richtige Reife hat. Aber schön wäre es schon, mehr kleine
Unternehmen und privat geführte Brennereien zu sehen.
Wie würdest du den
schottischen Whiskymarkt im Vergleich zu anderen whiskyproduzierenden Nationen
sehen? Gibt es eine Bedrohung für Scotch von der aufkommenden globalen Produktion?
Niemand kann die
Entwicklung vorhersagen. Märkte wie Indien, Japan sind große Whisky
produzierende Nationen. Nicht nur, was die Quantität betrifft. Gerade japanischer
Whisky gehört zu den Top Whiskies der Welt. Aber auch in Deutschland, den
Niederlanden usw. werden qualitative Tropfen hergestellt. Der Markt verändert
sich ständig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Iren im 19. Jahrundert
gedacht hätten, dass ihnen irgendwann mal nur noch 2 Brennereien übrigbleiben
und Schottland die Whiskynation schlechthin wird. Aber auch in Schottland
verlief die Entwicklung nicht ohne Rezessionen, Krisen und die Schließung
Hunderter Brennereien.
Erinnerst du dich an
Whisky aus deiner Kindheit?
(lacht). Naja, ich bin
in Elgin aufgewachsen. Da gibt es 6 Brennereien. Die Luft ist sozusagen
geschwängert von den Brenngerüchen. Mein Spielplatz war die Glen Moray
Distillery. Ich erinnere mich auch, dass die Männer in unserer Familie oft
einen Whisky-Atem hatten.
Wie bist du zum
Whiskyliebhaber geworden?
Ich habe
Ingenieurswesen studiert und mochte es nicht. Dann wurde ich Lehrer und habe
Mathematik unterrichtet. Aber desinteressierten Kindern Formeln einbläuen, hat
mir dann bald auch keinen Spass mehr gemacht. Nach einer kurzen Karriere als
Postmann habe ich dann in der Scotch Malt Whisky Society in Edinburgh
gearbeitet und dort meine ersten fantastischen Drams probiert. Loch Lochry, Rosebank,
Glenfarclas, Ardbeg. Von einigen Brennereien hatte ich noch nie etwas gehört. Dort
fing wirklich alles an. Dort habe ich übrigens auch meine Frau kennengelernt.
Wir haben damals in Leith gewohnt, direkt gegenüber den Vaults und beide in der Society gearbeitet. Hier hatte ich das
Gefühl meine Leidenschaft für Whisky mit meiner Liebe zu unterrichten,
verbinden zu können.
Wenn du die Resourcen
hättest, eine geschlossene Brennerei wiederzueröffnen, welche wäre es?
Die Liste wäre endlos:
Rosebank, Port Ellen - es gibt so viele Brennereien, die aufregenden Whisky
produziert haben. Wenn ich mich aber auf die Rettung von wirklich nur einer
Destillerie beschränken müßte, dann wäre das Brora.