Sonntag, 27. Mai 2012

Interview mit Mark Davidson


Mark ist Manager von Cadenhead’s, Schottlands ältestem unabhängigen Abfüller. Das atmosphärische Geschäft auf der Royal Mile in Edinburgh wird von whisky-legasthenischen Touristen und Connaisseuren gleichermaßen aufgesucht. Mark veranstaltet unter dem Namen Jolly Tooper außerdem regelmäßige Whisky Tastings.

Man findet relativ wenige Informationen zum historischen Aspekt von Cadenhead’s. Was weisst du als Manager über den Beginn der Firma?

Ich bin gestern erst von einem Betriebsausflug von Sprinkbank, unserer Mutterfirma zurückgekommen, wo wir eine Menge gelernt haben. Cadenhead’s ist eine ziemlich alte Institution, 1842 in Aberdeen gegründet. Die Information, die von Generation zu Generation weitergeben wurde, ist etwas dünn, chinesisches Geflüster. Aber wir sind definitiv Schottlands ältester unabhängiger Abfüller. Mr. Cadenheads und Mr. Duffy gründeten wie die Chivas Brothers ihre Rum-und Whiskyhandelsfirma in Aberdeen, wo durch den Hafen, die Fischerei, die stationierten Soldaten eine große Population ansessig war und außerdem viel Handel mit Sherry, Rum, Wein und Whisky getrieben wurde. Whiskyfässer wurden zudem oft als Ballast für die Schiffe genommen, die Sklaven oder exotische Güter abholen sollten. Ausserdem soll das Geschaukel auf dem Schiff, wenn also der Whisky in den Fässern hin und herrollte, zur Reifung und einem speziellen Charakter beigetragen haben. Bis in die 60er Jahre, als der letzte Cadenhead noch lebte, handelte die Firma mit Spirituosen. Jeglicher Profit ging an eine gemeinnützige Organisation bis das Geschäft, der Name, die Flaschen und das Lager 1972 an Springbank verkauft wurde.

Was für eine Rollen spielten unabhängige Abfüller zu dieser Zeit?

In der Nachkriegszeit in den 50/60er Jahren nahm der Whiskykonsum und die Produktion stetig zu. Die Wirtschaft erholte sich und es etablierte sich der Luxus, schottischen Whisky zu trinken, der mit einem exotischen traditionellen Image daherkam. Man konnte förmlich den Reichtum sehen, wenn jemand Champagner, Cognac oder Whisky trank. Aber das war in fast allen Fällen Blended Whisky, der in riesigen Mengen relativ preiswert mit konituierlicher Qualität hergestellt und mit einer starken Identität versehen vermarktet werden konnte. Trotzdessen füllten Firmen wie Cadenhead’s, Gordon & MacPhail, Robert Watson in Aberdeen and Peter Thomson in Perth Single Malt für einen kleinen Nischenmarkt ab. Die Italiener zum Beispiel begannen Glen Grant zu trinken. Single Malts waren ein völlig neues Konzept, ein Produkt unbestimmt im Charakter und limitiert für einen kleinen Markt. Dies führte zu der Entwicklung, das wir heute Single Malts in Supermärkten und am Flughafen kaufen können. Der Markt blüht. Das Spektrum an verschiedenen Whiskies selbst aus der gleichen Brennerei ist verlockend groß.

Wie leicht oder schwer ist es , ein unabhängiger Abfüller zu werden?

Unabhängige Abfüller schießen die ganze Zeit aus dem Boden. Das Problem ist, den Whisky zu finden. Es ist nicht schwer die Kunden zu bekommen. Es gibt heuzutage mehr Kunden, mehr Abfüller und mehr Abfüllungen als jemals zuvor. Aber die Blendproduktion wird jährlich immer mehr vergrößert. Immer mehr Brennereien expandieren, Glenlivet, Macallan. Viele Whiskies werden ohne Altersangaben verkauft, und sind wahrscheinlich wesentlich jünger als 10 Jahre. Das hilft der Industrie, denn die Vorräte der 12 und 10 jährigen Whiskies neigen sich langsam dem Ende entgegen. Natürlich wird viel destilliert, aber wir produzieren jetzt Whisky, der in 10 Jahren getrunken wird. Aber so wie sich alles im Moment entwickelt, werden wir vielleicht nicht genug Whisky für die nächsten 3 Jahre haben.

Es ist also schwer, für unabhängige Abfüller Fässer von den Brennereien zu bekommen?

Diese Informationen sind kommerziell sensible Informationen. Niemand will natürlich zugeben, dass die Vorräte ausgehen und dass es schwierig ist, an Fässer heranranzukommen. Sonst würden die Fasspreise explodieren, (lacht), das tun sie ohnehin. Aber mit Kontakten ist es sicher nicht unmöglich. Man müßte, wöllte man als unabhängiger Abfüller ein profitalbes Geschäft machen, entweder in einer bestimmten Größenordnung oder mit hoher Gewinnmarge operieren. Manchmal tauchen unabhängige Abfüller auf, die unglaublich günstige Preise anbieten, aber in einer kleinen Größenordnung sind diese Preise nicht haltbar. Auch der Markt ist manchmal schwer berechenbar. Cardhu zum Bespiel wurde plötzlich in Spanien unheimlich populär. Niemand konnte diesen Verkaufsboom vorhersagen und einige der Cardhu-Lagerhäuser haben sicher mittlerweile viel leeren Platz. Ähnliches gilt für Macallan, besonders deren Sherry-Fässer. Macallan steht vor dem selben Problem: Unvorhergesehene Verkäufe und unverhergesehene Märkte führen zu einer schnelleren Expansion, so dass man mit der Whiskylieferung kaum noch hinterherkommt.

Gibt es eine Zukunft für kleine Boutique-Brennereien?

Das muss so sein, es gibt neue kleine Unternehmungen in Wick, in Ardnamurchan, auf Lewis und Barra, Annadale, Kingsbarnes, Fife. Einige werden erfolgreich sein, andere wohl eher nicht. Daftmill hat unter den neuen Brennereien eine besondere Stellung. Dort wächst die Gerste, die Gebäude waren vorhanden. Alles, was Francis (der Eigentümer) brauchte, war das Equipment und die Fässer. Die Destillerie produziert seit 6 Jahren und Francis hat noch keinen einzigen Tropfen verkauft. Das ist natürlich nicht die Norm. Niemand kann es sich leisten, für mehrere Hunderttausend Pfund eine Brennerei zu bauen und keine Einkünfte zu erhalten. Deshalb baut man Besuchszentren mit Cafe, druckt T-Shirts, verkauft New-Make Spirit und konzentriert sich auf die Touristen wie Kilchoman oder Arran Distillery bis der Whisky endlich die richtige Reife hat. Aber schön wäre es schon, mehr kleine Unternehmen und privat geführte Brennereien zu sehen.

Wie würdest du den schottischen Whiskymarkt im Vergleich zu anderen whiskyproduzierenden Nationen sehen? Gibt es eine Bedrohung für Scotch von der aufkommenden globalen Produktion?

Niemand kann die Entwicklung vorhersagen. Märkte wie Indien, Japan sind große Whisky produzierende Nationen. Nicht nur, was die Quantität betrifft. Gerade japanischer Whisky gehört zu den Top Whiskies der Welt. Aber auch in Deutschland, den Niederlanden usw. werden qualitative Tropfen hergestellt. Der Markt verändert sich ständig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Iren im 19. Jahrundert gedacht hätten, dass ihnen irgendwann mal nur noch 2 Brennereien übrigbleiben und Schottland die Whiskynation schlechthin wird. Aber auch in Schottland verlief die Entwicklung nicht ohne Rezessionen, Krisen und die Schließung Hunderter Brennereien.

Erinnerst du dich an Whisky aus deiner Kindheit?

(lacht). Naja, ich bin in Elgin aufgewachsen. Da gibt es 6 Brennereien. Die Luft ist sozusagen geschwängert von den Brenngerüchen. Mein Spielplatz war die Glen Moray Distillery. Ich erinnere mich auch, dass die Männer in unserer Familie oft einen Whisky-Atem hatten. 

Wie bist du zum Whiskyliebhaber geworden?

Ich habe Ingenieurswesen studiert und mochte es nicht. Dann wurde ich Lehrer und habe Mathematik unterrichtet. Aber desinteressierten Kindern Formeln einbläuen, hat mir dann bald auch keinen Spass mehr gemacht. Nach einer kurzen Karriere als Postmann habe ich dann in der Scotch Malt Whisky Society in Edinburgh gearbeitet und dort meine ersten fantastischen Drams probiert. Loch Lochry, Rosebank, Glenfarclas, Ardbeg. Von einigen Brennereien hatte ich noch nie etwas gehört. Dort fing wirklich alles an. Dort habe ich übrigens auch meine Frau kennengelernt. Wir haben damals in Leith gewohnt, direkt gegenüber den Vaults und beide in der Society gearbeitet. Hier hatte ich das Gefühl meine Leidenschaft für Whisky mit meiner Liebe zu unterrichten, verbinden zu können.

Wenn du die Resourcen hättest, eine geschlossene Brennerei wiederzueröffnen, welche wäre es?

Die Liste wäre endlos: Rosebank, Port Ellen - es gibt so viele Brennereien, die aufregenden Whisky produziert haben. Wenn ich mich aber auf die Rettung von wirklich nur einer Destillerie beschränken müßte, dann wäre das Brora.

Mittwoch, 9. Mai 2012

Bio Whisky in Schottland


Brennereien wie Bruichladdich, Deanston und die 1997 nach 10 jähriger Einmottung wieder auferstandene Benromach Distillery haben in den letzten Jahren aufgrund ihrer Bio-Whiskies einiges an Aufmerksamkeit eingeheimst. Hierbei rühmt man sich, dass die Herstellung des schottischen Exportschlagers von der Gerste bis zur Abfüllung in die Flaschen von der ‘Organic Food Federation’ überwacht und zertifiziert werden.

Wie viele Industriezweige versucht auch die Whiskyindustrie in Schottland gegenwärtigen Umwelt-Bedenken gerecht zu werden und sich im Bio-Mainstream einzurichten. Dabei hatte die Whiskyproduktion schon immer den Ruf, ein umweltfreundliches Gewerbe zu sein. Nicht nur kommt Whisky mit drei einfachen Zutaten aus – Wasser, Hefe und Gerste – gerade die “reinen” lokalen Produkte in Verbindung mit der Schönheit der einheimischen enigmatischen Landschaft sind die Hauptgründe für die Erfolgsgeschichte und Verführungskraft des Kultgetränks. 1904 schlossen sich die Whiskybrenner in der kleinen Speyside Stadt Rothes zur “Combination of Rothes Distillers Ltd” zusammen, um die Wiederverwertung ihrer kollektiven Produktion von Pot Ale (bierähnliches Zwischenprodukt bei der Whiskyherstellung) zu ermöglichen. Bis heute gibt es bei der Whiskyherstellung kaum nennenswerten Abfallprodukte. Alles wird wiederverwertet, selbst der bei der Destillierung entstehende Nachlauf (Feint), der aufgrund seiner Unreinheiten als Alkohol nicht verwendet werden kann, wird wieder zurück in die Brennblasen geleitet und mit dem neuen Destillat vermischt. Das einzig wirkliche Abfallprodukt, die Getreiderückstände (Draff), die im Maischebottich zurückbleiben, nachdem die Würze (Wort) abgezogen ist, werden zu Tierfutter weiterverarbeitet. In manchen Brennereien wird sogar die beim Destillieren entstehende Wärme für die umliegende Gemeinschaft genutzt. So beheitzt die Bowmore Distillery auf der mal sanft verträumten, mal sturmgepeitschten Hebrideninsel Islay das örtliche Schwimmbad. Die Glen Garioch Distillery, die als eine der ersten Brennereien in Schottland von Kohle auf Erdgas umstellte, leitet ihre Abwärme in Gewächshäuser, um Gemüse anzubauen. Und die Deanston Distillery, die 1965 in einer alten Baumwollmühle eröffnet wurde, generiert ihren Strom mithilfe einer Wasserturbine im nahgelegenen River Teith und speist sogar überschüssige Energie ins örtliche Stromnetz ein. Die Bruichladdich Distillery auf Islay schließlich nutzt sauerstoffreie Fermenter, die Pot Ale in Methangas umwandeln, das dann wiederum verbrannt wird, um Energie zu gewinnen. Selbst der Behemoth Diageo, der weltweit größte Spirituosenkonzern, der mehr als 28 Brennereien in Schottland besitzt, plant £65 Mio. in seinen Betrieb in Cameronbridge in Fife für ein Bioenergie-Programm investieren. Dieses soll bis zu 80% der benötigten Energie bereitsstellen. 

Auch bei der Reifung der Whiskies in Eichenfässern wird recycled. Während die Whiskyfässer in Amerika nur einmal befüllt werden dürfen, importieren die Schotten die ausrangierten Fässer und befüllen sie bis zu 4 Mal wieder. Dies hat natürlich weniger ethisch-unweltfreundliche als vielmehr geschmacklich-pragmatische Gründe. Und auch in Sachen “carbon footprints” durch die Distributierung der Güter durch alle Herren Länder und Verpackungs-Extravaganzen gibt es in Schottland noch einiges zu verbessern.